Mindestlöhne, Arbeitnehmerrechte, Konjunkturpaket II: Dies waren einige der Themen, die jetzt auf dem traditionellen Neujahrsempfang des SPD-Unterbezirks Landkreis Harburg diskutiert wurden. Der SPD Unterbezirk konnte über 150 Gäste aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft im Alten Geidenhof in Hanstedt begrüßen. Prominenter Gast war die Stv. SPD-Parteivorsitzende Andrea Nahles.

Monika Griefahn leitete den Neujahrsempfang mit einer kurzen Rede ein.

Auf die aktuelle Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise haben Bundesregierung und Bundestag jetzt mit dem Konjunkturpaket II reagiert. Wichtig sind insbesondere das Kommunale Investitionsprogramm und die Zukunftsinvestitionen der Öffentlichen Hand in die Bildung und die Infrastruktur. Beim Investitionsschwerpunkt Bildung profitieren insbesondere Kitas, Schulen und Hochschulen. Beim Investitionsschwerpunkt Infrastruktur profitieren insbesondere der Verkehr, Krankenhäuser, der Städtebau und die Informationstechnologie (z.B. Breitbandverbindungen in der Fläche).

Der Bund stellt dafür rund 14 Milliarden Euro bereit. Vier Milliarden fließen in Bundesinvestitionen wie Autobahnen, 10 Milliarden in ein kommunales Investitionsprogramm. Die Länder geben weitere 3,3 Milliarden dazu. Mindestens die Hälfte der insgesamt über 17 Milliarden soll noch in diesem Jahr ausgegeben werden. Dafür wird das öffentliche Auftragswesen ("Vergaberecht") vorübergehend vereinfacht. Der Schwerpunkt dieser Investitionen liegt mit 65 Prozent klar im Bildungsbereich.

Von den rund 13,3 Milliarden Euro für ein kommunales Investitionsprogramm fließen voraussichtlich rund 1,2 Milliarden Euro nach Niedersachsen, erläuterte Monika Griefahn. Sie will daher den Landrat und die hauptamtlichen Bürgermeister zu einer kommunalen Investitionskonferenz Mitte Februar einladen, um die kommunalen Prioritäten zu bündeln.

Ein weiterer wichtiger politischer Schwerpunkt, so Monika Griefahn, ist die Energiepolitik. Angesichts der Gefahr eines GAUs in den Atomkraftwerken, angesichts der Leukämiefälle in der Elbmarsch und der skandalösen Zustände im Atomlager Asse muss es bei dem Atomausstieg bleiben. Am besten wäre es, das Atomkraftwerk Krümmel nicht wieder anzuschalten. Man brauche die Förderung der Erneuerbaren Energien und verstärkte Anstrengungen für mehr Klimaschutz. Die Stv. SPD-Vorsitzende Andrea Nahles leitete ihre Rede mit einer Frage ein: Wie hätten die Gäste des Neujahrsempfangs wohl reagiert, wenn Bundesfinanzminister Peer Steinbrück als Redner des letzten SPD-Neujahrsempfangs vor einem Jahr die Teilverstaatlichung der Commerzbank vorausgesagt oder gefordert hätte? Nachdenkliche Gesichter im Publikum waren die Reaktion. Es zeigte, welche Änderungen die weltweite Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise mit sich gebracht hat. Andrea Nahles ging dann darauf ein, welche Konsequenzen aus der Krise zu ziehen seien. Die Privatisierung auf breiter Front sei zu hinterfragen, insbesondere was die Bahn, die kommunale Ver- und Entsorgung (Wasser, Abwasser etc.) und die kommunalen Stadtwerke anbelangt. Man brauche eine Art „TÜV“ für Finanzmarktprodukte und eine neue weltweite Finanzarchitektur, die auf dem G20-Gipfel im April beschlossen werden müsse.

Auch bei Finanzkrisen dürfe man das Ziel einer gerechteren Gesellschaft nicht aus den Augen verlieren. Die Senkung von Löhnen und Steuern, der Abbau von Arbeitnehmerrechten sei dabei der falsche Weg. Arbeitnehmer, Betriebsräte und Gewerkschaften würden dazu beitragen, Beschäftigung zu sichern. Unternehmen müssten davor geschützt werden, von Finanzinvestoren ausgeplündert zu werden. Man müsse eine langfristige, solide Finanzierung von Handwerk und Mittelstand sicherstellen. Beim Zitat aus der Neujahrsansprache von Bundeskanzlerin Angela Merkel, „Die Welt hat über ihre Verhältnisse gelebt.“, stelle sich die Frage, wer denn über seine Verhältnisse gelebt habe. Dies gelte bestimmt nicht für Arbeitnehmer, die zu Hungerlöhnen zwischen 4,50 und 5 Euro in der Stunde arbeiten müssten. Deshalb sei es ein Erfolg, dass jetzt nach zähem Ringen mit der CDU/CSU für weitere Branchen wie die Zeitarbeit, die Entsorgungsbranche, Pflegedienste, das Wach- und Sicherheitsgewerbe, Bergbauspezialdienste und industrielle Großwäschereien branchenspezifische Mindestlöhne vereinbart werden könne. Dies reiche aber nicht; man brauche nach wie vor einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn. Es sei eine Schande, wenn rund 1,3 Millionen Menschen in Deutschland neben ihrer schlecht bezahlten Arbeit auf ergänzendes Arbeitslosengeld II angewiesen seien. Zu kritisieren seien auch astronomische Manager-Gehälter. Die Vergütung der Manager müsse am langfristigen Erfolg des Unternehmens und nicht an kurzfristigen Gewinnen ausgerichtet sein.

Mit dem Konjunkturpaket II stelle die Bundesregierung rund 50 Milliarden Euro bereit. Andrea Nahles appellierte an die Landesregierungen, dieses Geld müsse auch bei den Kommunen ankommen. Die Investitionen in den Bildungsbereich, insbesondere in zum Teil marode Schulgebäude, seien wichtig. Mit der Abwrackprämie für alte Autos werde die Autoindustrie gefördert; immerhin hänge in Deutschland jeder 7. Arbeitsplatz direkt oder indirekt an der Automobilbranche. Es sei gut, dass Deutschland noch eine breite industrielle Basis habe. Länder wie Irland und Großbritannien, die einseitig auf die Finanzindustrie gesetzt hätten, müssten nun mit den Folgen umgehen. Auch für Familien mit Kindern werde etwas getan: 100 Euro für jedes Kind und die Erhöhung des Arbeitslosengeld II-Satzes für Kinder seien richtig und notwendig. Bernd Lange, Kandidat der SPD für das Europaparlament und jüngst auf Platz 6 der SPD-Bundesliste gewählt, konnte an seine Vorrednerin anschließen. Der frühere Vorstandvorsitzende der Deutschen Bank, Rolf Breuer, habe einmal die Banken als „5. Gewalt“ bezeichnet, denn freie Finanzmärkte seien die wirkungsvollsten Kontrollinstanzen des Staates. Welche Selbstüberschätzung in dieser Aussage lag, werde gerade eindrucksvoll bestätigt. Nicht die Banken lösten die Probleme dieser Tage, sondern der demokratisch legitimierte Staat. Die SPD stehe für ein demokratisches Deutschland und Europa. Man brauche nicht nur Markfreiheiten, sondern internationale Regeln für die Kapitalmärkte und eine Regulierung der Finanzmärkte. Dies beinhalte einen „TÜV“ für Finanzmarktprodukte, eine Kontrolle der Rating-Agenturen und eine bessere Kontrolle der Bilanzen von Banken und Unternehmen, wobei keine Auslagerung in Zweckgesellschaften und Steuerparadiese mehr möglich sein solle. Unternehmensübernahme sollten nur noch mit Eigenkapital möglich sein. Daher sei hier mehr Regulierung auch auf der europäischen Ebene notwendig. Die SPD habe sich in ihrer Geschichte nicht nur für mehr Demokratie eingesetzt (90 Jahre freies Wahlrecht), sondern habe viel für ein einiges Europa getan. Europa habe man es zu verdanken, dass es nun über 60 Jahre Frieden in Europa gebe. Aus dem früheren „Erbfeind“ Frankreich sei ein befreundetes Nachbarland geworden. Seit 1979 haben die Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit, das Europäische Parlament direkt zu wählen. Es sei aber eine Schieflage, wenn zuletzt nur 44 % von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht hätten. Der SPD-Unterbezirksvorsitzende Klaus-Dieter Feindt dankte insbesondere auch Hedi Wegener MdB, die von 2002 bis 2009 als Bundestagsabgeordnete die Samtgemeinde Elbmarsch, Hanstedt und Salzhausen in ihrem Bundestagswahlkreis mitbetreut hat, für ihre Arbeit. Ab der Bundestagswahl 2009 wird der Landkreis Harburg wieder einen Bundestagswahlkreis bilden.

Der SPD-Ortsverein Hanstedt hatte wieder einmal für alle Gäste des Neujahrsempfangs ein fantastisches Büfett vorbereitet.

NJ-UB-Gruppe