Wieder einmal ist eine CD mit Daten von möglicherweise an der Steuer vorbei im Ausland (hier: in der Schweiz) angelegten Geldern aufgetaucht. Angeblich soll es sich um einen Betrag von 100 Millionen Euro handeln, der dem Fiskus bislang vorenthalten wurde. Der Vorgang ist nicht einmalig, hatte doch vor zwei Jahren die Aufdeckung eines Steuerskandals für Schlagzeilen gesorgt, als zu den mehreren hundert Steuersündern auch prominente „Opfer“ zu vermelden waren.

Hierbei ist die Diskussion entstanden, ob der Rechtsstaat solche Daten, die wahrscheinlich auf illegalem Wege zustande gekommen sind, überhaupt erwerben „darf“.
Wir wollen und können keine juristische Bewertung vornehmen, sondern einige politische Betrachtungen anstellen. Wir gehen einfach davon aus, dass der Gesetzgeber bestimmt hat, dass auch für Erträge aus Kapitalanlagen Steuern zu entrichten sind und dass dies auch für Gelder gilt, die im Ausland angelegt sind. Hinzukommt, dass die Dimension, um die es geht, um ein Vielfaches höher ist als der Betrag, der aktuell in Rede steht. Insgesamt geht man davon aus, dass zurzeit rund 475 Milliarden Euro von Inländern im Ausland angelegt sind. Unsere Überlegungen finden vor dem Hintergrund statt, dass der Erwerb solcher Daten rechtlich einwandfrei ist.
Ein Vertreter der Schweizer Regierung spricht von einem „Vertrauensbruch“ zwischen den beiden Staaten, sollte die Bundesregierung die CD erwerben; angeblich könnte dies auch die zurzeit laufenden Verhandlungen über das Doppelbesteuerungsabkommen belasten. Hierzu halten wir fest: Seit Jahren sind europäische Länder dabei, die „Steueroasen-Länder“ zur Mithilfe bei der Aufklärung und Verfolgung von Steuerstraftaten zu bewegen. Es sind gerade diese Länder, die dem Steuerstraftatbestand Vorschub leisten, indem sie ihre Mitwirkung auch bei der Datenübermittlung versagen. Der Vertrauensbruch geschieht durch diese Länder – und nicht umgekehrt durch denjenigen, der sich gegen Straftaten wehrt.
Der Bundesdatenschutzbeauftragte, Peter Schaar, wird zitiert: “Ich habe große Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines solchen Geschäfts.“ Der Erwerb habe Nähe zum Tatbestand der Hehlerei; außerdem befürchtet er einen „Wettlauf von Rechtsstaaten um illegale Daten“. Wir sagen dazu: Die Steuerhinterziehung ist der Ausgangspunkt der Straftat – nicht der Staat handelt falsch, wenn er sich gegen Straftaten wehrt.
Viel gravierender sind aber die Folgen, wenn wir es zulassen, dass weiterhin die Augen vor Steuerhinterziehungen verschlossen werden: Was sagen Rentner, Kleinverdiener und andere Steuerehrliche, die ohnehin keine Gestaltungsmöglichkeiten haben und brav ihren Obolus an den Fiskus abliefern, wenn wir zuse-hen, dass einige wenige den Staat betrügen? Welche Auswirkungen hätte dies auf die zukünftige Steuerehrlichkeit? Die am Finanzamt vorbeigeschleusten Gelder fehlen dem Staat an vielen Ecken und Enden – und vor allem für soziale Aufgaben.
Machen wir doch einmal eine Rechnung auf: Nehmen wir an, die 475 Milliarden Euro im Ausland angelegten Gelder erzielen im Jahr eine Rendite von 4 Prozent – das wären 19 Milliarden Euro pro Jahr; nehmen wir hiervon einen Satz von 20 Prozent, der mit Hilfe des Progressionsvorbehalts zustande kommt, sind das 3,8 Milliarden Euro pro Jahr. Das gibt eine Menge Ganztagskindergarten- und Ganztagsschulplätze mit Ganztagesverpflegung!