Hintergrund:

1993 wurde im Landkreis Harburg auf Antrag der SPD eine Elternbefragung beschlossen und durchgeführt. Ergebnis: Es wurde ein Bedürfnis für zwei Integrierte Gesamtschulen mit den Standorten Winsen und Buchholz festgestellt. Der Kreistag lehnte jedoch 1994 die Einrichtung von Gesamtschulen ab, und zwar „aus finanziellen Gründen“. Der Landkreis hat jedoch seit 1994 bis 2007 insgesamt 136,6 Mio in den Schulbau investieren können.

Die Ablehnung „aus finanziellen Gründen“ war also erkennbar vorgeschoben. Im Landtagswahlkampf 2008 gibt der Ministerpräsident dem wachsenden Druck von Elternvertretungen nach und sagt vor der Wahl die Möglichkeit weiterer Gesamtschulgründungen zu.
Nach der Wahl wird die Verwirklichung dieser Zusage deutlich erschwert. Gefordert wird nun:

1. eine Mindestzügigkeit von 5 Parallelklassen
2. das Turbo – Abitur auch für die IGS

Als weiteres Erschwernis wird verlangt, dass der Bedarf aktuell 20% über der Mindestzügigkeit liegen muss. Die Mindestzügigkeit von 5 Zügen ist pädagogisch nicht begründbar. Das Turbo – Abi erschwert die gesamtschulspezifische Arbeit, besonders im Sekundarbereich I (Klasse 5 – 10).
Der Zuschlag von 20% über den Bedarf erschwert es, den festgestellten Elternwünschen zu entsprechen. Das alles sind künstlich errichtete Hürden, welche die Gründung von Gesamtschulen erschweren.

Die aktuelle Lage:

Auf Antrag der SPD ist nun im Jahre 2009 erneut der Elternwille abgefragt worden. Die Zahlen sind bekannt. Das Ergebnis hat aus unserer Sicht die Erwartungen deutlich übertroffen. Rund zwei Drittel der abgegebenen Stimmen votieren für Gesamtschulen, und zwar für drei Integrierte und eine Kooperative in der Elbmarsch.
Die SPD spricht sich dafür aus, die Gründung von Integrierten Gesamtschulen an drei Standorten vorzusehen, und zwar in Buchholz, Jesteburg und Winsen.
Aus der Elternbefragung geht zweifelsfrei hervor; Die Nachfrage nach Gesamtschulange- boten ist so groß, dass die Gründung nur einer Schule etwa zwei Drittel der Elternwünsche
unberücksichtigt lässt. Selbst die sehr vorsichtig rechnende Verwaltung kommt zu dem Ergebnis, dass mindestens zwei Standorte, einer im Ostkreis (Winsen) und einer im Westen (Buchholz oder Jesteburg) möglich wäre.
Die Reduktion auf nur einen Standort missachtet also in eklatanter Weise den Elternwillen.
Die von der Verwaltung und der Mehrheitsgruppe vorgetragene Position, im Westteil des Landkreises könne es nur eine IGS geben, hält die SPD für nicht stichhaltig. Die Elternwünsche können nach dem Ergebnis der Befragung für den Standort Buchholz mit einer 5zügigen IGS nicht abgedeckt werden. Vielmehr gibt es nach diesen Ergebnissen einen Mehr- bedarf von 2 bis 3 Zügen. Dieser Mehrbedarf könnte zusammen mit der originären Nachfrage aus dem Ort und Umkreis Jesteburgs eine eigene Gesamtschule rechtfertigen.
Helfen könnte auch, wenn unsere MdL sich aufraffen könnten, die künstlich geschaffenen Erschwernisse für die Gründung von Gesamtschulen wieder vom Tisch zu bekommen, sei es durch eine Initiative zur Änderung dieser Hindernisse, sei es durch Ausnahmeregelungen oder die Einrichtung von Modellschulen.
Wenn über eine zeitliche Reihenfolge der Gesamtschulgründungen geredet werden soll, dann kommt es doch darauf an, verbindlich zu beschließen, an welcher Stelle und zu welchem Schuljahr die Einrichtung geschehen soll. Eine bloße Andeutung, es könnte eine zweite oder dritte IGS geben, reicht nicht aus.
Die Gründung von Gesamtschulen (IGS und KGS) hat Auswirkungen auf die Schulangebote des mehrgliedrigen Systems. In Buchholz und Winsen wird es dann jeweils nur eine Realschule und ein schmaler werdendes Hauptschulangebot geben. Angesichts der schwachen Nachfrage nach Hauptschulplätzen bleibt ohnehin fraglich, ob und wie lange überhaupt an dieser Schulform festgehalten werden soll. In einigen Bundesländern ist sie bereits in Sekundarschulen aufgegangen. Auch die Gymnasien in Buchholz und Winsen werden Schüler verlieren, aber weiter bestehen können.
Beim Standort Jesteburg sind die Effekte auf die Schulen im nahen Umkreis zu berück- sichtigen. Es muss dann geprüft werden, wie und ab die Schuleinzugsbereiche für Hanstedt neu zu schneiden sind.
Insgesamt kommt es darauf an, für die drei Standorte intelligente Lösungen zu finden. Die Frage ist nicht , ob das geht, sondern ob wir das wollen.

Die Kreistagssitzung am 22. Juni 2009

Die Forderung der Sozialdemokraten nach drei Integrierten Gesamtschulen wurde auf der Kreistagssitzung am 22. Juni von der CDU / FDP Mehrheit abgeblockt. Die Mehrheitsgruppe konnte sich lediglich für die Errichtung einer Gesamtschule mit dem Standort in Buchholz entscheiden. Über die Gründung einer zweiten Integrierten Gesamtschule in Winsen soll im nächsten Jahr nach Vorliegen der Anmeldezahlen für die IGS in Buchholz entschieden werden. Wir haben auch dafür gesorgt, dass die Frage der Beschulung von Kindern im Sekundarbereich I (Klasse 5 bis 10) in Jesteburg auf der Agenda bleibt.

Wir setzen uns weiter dafür ein, dass der durch die konservative Mehrheit im Landkreis verursachte Reformstau bei der Entwicklung moderner Schulangebote aufgelöst wird. Wir begrüßen es, wenn die Elterninitiativen weiterhin Druck machen, damit auch unser Landkreis schulpolitisch endlich im 21. Jahrhundert ankommt.