Als interessant und erfolgreich werteten die Teilnehmer der zweiten Runde des kommunalpolitischen Gedankenaustausches zwischen den SPD – Kreistagsfraktionen der Landkreise Harburg und Lüneburg, der am Freitag, den 16. Januar in der Elbmarsch im Gasthaus Ahrens stattgefunden hat.

Unter den 40 versammelten Politikerinnen und Politikern befanden sich auch die Bundestags- abgeordnete Monika Griefahn (Buchholz), die Bundestagskandidatin für den Bereich Lüchow – Lüneburg, Hiltrud Lotze, und die Landtagsabgeordnete Brigitte Somfleth (Seevetal). Unter der Leitung der beiden Fraktionsvorsitzenden, Jens-Rainer Ahrens (Landkreis Harburg) und Franz-Josef Kamp (Landkreis Lüneburg) war ein straffes Programm abzuarbeiten mit den Themen - Atomkraftwerk Krümmel und Leukämie in der Elbmarsch, - Fernverkehrswegeplanung, - Schutz und touristische Erschließung der Flusslandschaft Elbe, - Elbvertiefung und - Pferderegion Luhmühlen.

In allen diesen Themen zeigten die Fraktionen das Bedürfnis, sich gegenseitig zu informieren und, wo möglich, auf ein gemeinsames und abgestimmtes Handeln hinzuwirken.

Leukämie Über den Stand der Dinge bei der weiteren Erforschung der Ursachen über das gehäufte Auftreten von Leukämie in der Elbmarsch informierten Sabine Brosowski (Elbmarsch) und Brigitte Somfleth aus dem Landtag. Sabine Brosowski, die auch in der Bürgerinitiative gegen die Leukämie in der Elbmarsch aktiv ist, teilte mit, dass weder die Kontroverse um das Mironov Gutachten noch um die Konsequenzen aus der KIKK – Studie bislang zu einvernehmlichen wissenschaftlichen Ergebnissen geführt habe. Laut der Mironov – Studie von vor zwei Jahren waren in den untersuchten Proben von nicht in der Natur vorkommenden radioaktiven Substanzen die Rede. Die KIKK – Studie weist einen statistischen Zusammenhang zwischen der Wohnortnähe zu einem Atomkraftwerk und dem erhöhten Risiko einer Leukämieerkrankung bei Kindern unter 6 Jahren aus. Wie sich in diesem Zusammenhang Ursache (Schädigung) und Wirkung (Krankheitsrisiko) genau erklären lassen, sei leider bislang nicht geklärt. Sie plädierte dafür, den derzeit stillgelegten Reaktor Krümmel nicht wieder anzufahren.

Brigitte Somfleth berichtete, dass sich Mitte Februar der Sozialausschuss des Landtages wieder mit der Sache befassen werde. Prof. Weiß von der Strahlenschutzkommission werde eine Einschätzung der KIKK – Studie abgeben. Am 26. 2. sei in Bonn eine größere Veran- staltung der Strahlenschutzkommission geplant. Dort werde eine detaillierte Auswertung der KIKK – Studie und eine neue Studie der Uni – Klinik Eppendorf vorgestellt.

Die Versammlung war sich einig, dass solange alle diese Dinge ungeklärt blieben, eine weitere Gefährdung nicht auszuschließen sei und das Atomkraftwerk Krümmel abgeschaltet bleiben müsse. Hinzu käme, dass wegen der zahlreichen Pannen in dem Alt – Reaktor, schon aus sicherheitstechnischen Gründen ein Weiterbetrieb nicht in Betracht kommen dürfe. Unbefriedigend sei auch, dass bei derart gefährlichen Anlagen die Beweislast für eine Schädigung bei dem Geschädigten liege. Dieser muss im Zweifel durch teure Gutachten beweisen, dass und auf welche Weise er geschädigt sei. Es sei nun an der Zeit, eine Umkehr der Beweislast gesetzlich zu regeln. Der Betreiber der gefährlichen Anlage müsste in Zukunft nachweisen, dass die Schädigung nicht von ihm stammt.

Die versammelten Kommunalpolitiker vereinbarten, über ihre Parteigremien (Unterbezirksparteitag, Bezirksparteitag und bis zum Bundesparteitag entsprechende gleichgerichtete Anträge zu stellen, mit denen die Bundestagsfraktion zu entsprechenden gesetzgeberischen Maßnahmen aufgefordert werden soll. Außerdem war sich die Versammlung einig, dass an dem Ziel des Atomausstieges ungeschmälert festzuhalten sei. Eine Gefährdung von Menschen sei durch diese Technologie nach wie vor nicht auszuschließen und die sichere Entsorgung der gefährlichen, hochradioaktiven Abfälle sei weiterhin völlig ungeklärt.

Fernverkehrswegeplanung Bei der Besprechung der Fernverkehrswegeplanung standen die beiden Straßenbauvorhaben A 39 und die Ertüchtigung der B 404 zur Debatte. Für die A 39 sahen die Vertreter aus dem Lüneburger Raum inzwischen Lösungsmöglichkeiten, die vielfachen Befürchtungen und Bedenken in der Region Rechnung tragen. Für die Ertüchtigung der B 404 plädierte der Harburger Kreistagsabgeordnete Claus Eckermann für eine moderate Lösung: Kein Autobahnausbau, sondern ein dreistreifiger Ausbau mit wechselnden Überholfahrstreifen und am Nordufer der Elbe mit einem Brückenbauwerk einen besseren (kreuzungsfreien) Verkehrsfluss anzustreben. Die Fraktionen einigten sich, auf dieser Basis weiter an diesen Projekten zu arbeiten. Zur Sprache kam hier auch der Bau des 3. (und 4.) Gleises der Bahn zwischen Stelle und Lüneburg. Die neu entstehende Gleiskapazität dürfe nicht nur für den Güterverkehr genutzt werden, sondern müsse auch für weitere Verbesserungen im ÖPNV und dem Erhalt der Fernverkehrsbindungen mit Haltepunkten in Lüneburg und Uelzen dienen. Die MdB´s seien aufgefordert, in dieser Richtung in Berlin weiter vorstellig zu werden.

Touristische Erschließung der Flusslandschaft Elbe Der Schutz der Elbtalaue hat für beide Fraktionen weiterhin hohe Priorität. Dies ließe sich auf ideale Weise auch mit der schonenden touristischen Erschließung der Elbniederung verbinden. Deswegen wolle man auch an der gemeinsam angestrebten Vermarktung der Elbregion als attraktives touristisches Ziel festhalten und für weitere Landkreise und Gemeinden offen sein, dieser Aufgabe beizutreten.

Eine Vertiefung der Mittelelbe, um die Zahl der Tage für die Binnenschifffahrt von 145 auf 195 zu steigern, sei ein schwerwiegender Eingriff in die Ökostruktur und daher sehr problematisch. Wegen des geringen Effektes sei dies auch ökonomisch nicht vertretbar. Der Verkehr könne auch über den Elbe-Seitenkanal gehen. Mit der ohnehin in Rede stehenden Modernisierung des Schiffshebewerkes in Scharnebeck könnten etwaig benötigte zusätzliche Verkehre ohne weiteres bewältigt werden.

Sorgen bereiten den Kommunalpolitikern auch die Sicherheit der Elbdeiche. Für die Mittelelbe bedeute dies, dass alle Anrainer sich auf gleich hohe Schutzdeiche verständigen. Deren Erhöhung bedeute jedoch auch den Wegfall von bisherigen Überflutungsflächen und daher höheres „Oberwasser“ auf der Unterelbe bei Schneeschmelze und Dauerregen. Das sei im Normalfall ungefährlich, bei Eintreffen mehrerer unglücklicher Umstände zur gleichen Zeit aber nicht. In diesem Zusammenhang wurde auch die Elbvertiefung auf der Unterelbe angesprochen. Man war sich einig: Land und Bund müssten nun die unterschriftsreifen Verträge endlich unterzeichnen, damit die Kostenträgerschaft für die durch frühere Elbvertiefung bereits eingetretenen Schäden an den Deckwerken von Deich- und Uferbefestigungen endlich geregelt sei. Zugleich müsse klar sein, dass die Sicherheit der hinter den Deichen lebenden Bevölkerung in keiner Weise beeinträchtigt werden darf. Deswegen sei auch ein Kuhhandel zwischen Kostenzusagen einerseits und zurückstellen von Bedenken andererseits nicht akzeptabel.

Pferderegion Luhmühlen Die Entwicklung des Projektes „Pferderegion Luhmühlen“ sehen beide Fraktionen als wichtiges gemeinsames Anliegen beider Landkreise. Die 2011 in Luhmühlen stattfindenden Europameisterschaften schaffen einen willkommenen Anlass, die Einrichtungen in Luhmühlen grundlegend zu modernisieren. Dies müsse so geschehen, dass Luhmühlen nachhaltig als Zentrum für den Reitsport und mit bundesweiter Bedeutung arbeiten könne. Das sei zugleich ein wichtiger Beitrag zur Stärkung der Infrastruktur, wovon Tourismus, Landwirtschaft (Pferdehaltung, Pferdezucht) und der Reitsport gleichermaßen und dauerhaft profitieren könne. Beide Fraktionen waren sich einig, in diesem Sinne in ihren Kreistagen das Projekt zu unterstützen und voranzubringen.

„Die große Teilnehmerzahl an diesem zweiten Gedankenaustausch zwischen den beiden Kreistagsfraktionen zeigt auch das große Interesse an gegenseitiger Information und Abstimmung. Die Diskussion war fruchtbar und die Stimmung bestens,“ dankte der Harburger Fraktionschef Jens-Rainer Ahrens zum Schluss allen Beteiligten. Und weil dies so ist, wollen sich die Fraktionen noch im Laufe des Sommers zu einem dritten Meinungsaustausch versammeln.