Die SPD im Landkreis Harburg fordert die endgültige Stilllegung des Atomkraftwerks Krümmel.

Dazu erklärt der Vorsitzende des SPD-Unterbezirks, Klaus-Dieter Feindt:

„Die Katastrophe in den Meilern des japanischen Atomkraftwerks Fukushima hat inzwischen das Ausmaß eines ‚Super-GAUs‘ mit massiver Radioaktivitätsfreisetzung erreicht. Neben dem Tsunami und dem verheerenden Erdbeben ist Japan nun auch noch von einer atomaren Katastrophe betroffen, die immer neue Ausmaße annimmt.

Unsere Solidarität und unser Mitgefühl gilt den Japanern. Die Katastrophe in Japan macht einmal mehr deutlich, dass das mit der Atomkraft verbundene Restrisiko auch in westlichen Industriestaaten nicht zu beherrschen und zu verantworten ist. Seit Jahren fordern wir daher den Atomausstieg. Das Atomkraftwerk Krümmel muss nun endgültig stillgelegt werden. Es ist unerträglich, sich vorzustellen, was ein ‚Super-GAU‘ im Atomkraftwerk Krümmel für den gesamten Landkreis Harburg bedeuten würde.“

Der Pressesprecher des SPD-Unterbezirks, Matthias Westermann, ergänzt:

„Das Atomkraftwerk Krümmel ist ein Siedewasserreaktor und mit den jetzt havarierten Atommeilern in Fukushima / Japan vergleichbar. Im Oktober 2010 wurde in Österreich eine neue Kurzstudie zu Schwachstellen von Siedewasserreaktoren der Baulinie 69 vorgelegt. Betroffen in Deutschland sind die Atomkraftwerke Brunsbüttel, Isar 1, Philippsburg 1 und Krümmel. Die Studie sieht schwerwiegende, konstruktionsbedingte Mängel bei den Reaktordruckbehältern der betroffenen Reaktoren. Ein Versagen des Reaktordruckbehälters kann nach einem Ausfall der Kühlung zu einem Super-GAU und zur Freisetzung von Radioaktivität führen. Daher war es unverantwortlich, dass die schwarz-gelbe Mehrheit im Deutschen Bundestag Ende Oktober 2010 die Laufzeit des AKW Krümmel um rund 14 Jahre verlängert hat. Statt bis 2019 soll Krümmel nun, abhängig von der Reststrommenge, bis mindestens 2033 laufen. Wegen der langen Stillstandszeit könnte sich die Betriebsdauer sogar noch verlängern. Der 1983 in Betrieb genommene, störanfällige Atommeiler wäre dann 50 Jahre alt. Das Bundesverfassungsgericht muss noch über die entsprechende Atomgesetznovelle entscheiden. Für einen beschleunigten Ausstieg aus der Atomenergie brauchen wir anstelle eines unverbindlichen Moratoriums jetzt dringend ein rechtsverbindliches Abschaltgesetz mit einer Änderung des geltenden Atomgesetzes, so wie es von der SPD-Bundestagsfraktion vorgeschlagen worden ist.“

Ergebnis der zitierten österreichischen Studie ist unter anderem:

„Die Druckbehälter dieser Bauserie entsprechen demzufolge nicht den Basissicherheitskriterien, wie sie für spätere Reaktor-Generationen durchgesetzt wurden. Eine Lebensdauerverlängerung für diesen Reaktortyp beinhaltet nicht akzeptable Risiken. Der zuständige TÜV hat festgestellt, dass weder die Werkstoffwahl, noch die Fertigungsbedingungen den Forderungen des Basissicherheitskonzeptes entsprechen, und zusätzlich durch die Mängel bei Konstruktionsauslegung und Herstellung die Prüfbedingungen eingeschränkt sind, so dass auch die Fehlererkennbarkeit nicht gewährleistet ist [TÜV 2010]. Es besteht bei schweren Unfällen eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine frühe Radionuklidfreisetzung in die Umgebung. […]

Bei einem schweren Unfall in einem Kernkraftwerk des Typs SWR 69 tritt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine große Freisetzung von Radioaktivität in die Umwelt auf. Aus den Ergebnissen folgt, dass die Unfallmanagement-Maßnahmen mit Zielvorgaben zur Reduzierung der Unfallkonsequenzen verändert werden müssen.“

Quelle der Studie: http://www.risk.boku.ac.at/Schwachstellenbericht_SWR_69.pdf .

Die Studie wurde vom Institut für Sicherheits- und Risikowissenschaften der Universität für Bodenkultur Wien im Auftrag der Landesregierungen von Oberösterreich, Niederösterreich, Salzburg und der Umweltanwaltschaft Wien erstellt.

Hintergrundinformationen

Der jetzige Super-GAU in Fukushima / Japan ist nur der jüngste Atomunfall in einer ganzen Reihe von Unfällen: in Kyschtym (1957) und Tschernobyl / frühere Sowjetunion (1986) sowie in Harrisburg / USA (1979). Auch das AKW Forsmark / Schweden (2006) hat seinerzeit nach Einschätzung einiger Beobachter kurz vor einem GAU durch Kernschmelze gestanden.

Das Risiko eines GAUs oder Super-GAUs kann auch in Deutschland nicht ausgeschlossen werden. Auch wenn Erdbeben in Deutschland nur in geringerem Umfang wahrscheinlich sind, besteht das Risiko von menschlichem und technischem Versagen, von Hochwasser und anderen Naturkatastrophen sowie von Terroranschlägen.

Hierzulande sind neben vielen weiteren Störfällen vor allem die Pannen im AKW Brunsbüttel und im AKW Krümmel am 28. Juni 2007 in Erinnerung geblieben. Seit dem Transformatorenbrand im Juni 2007 steht das AKW Krümmel mit einer kurzen Unterbrechung still. Am 19. Juni 2009 ging das AKW Krümmel wieder ans Netz, musste jedoch schon am 4. Juli 2009 nach einer Reaktorschnellabschaltung aufgrund einer Störung in einem Maschinentransformator wieder abgeschaltet werden und steht seitdem bis heute still. Mit über 300 meldepflichtigen Ereignissen ist Krümmel eines der störanfälligsten Atomkraftwerke in Deutschland.

Für die Verlängerung der AKW-Laufzeiten haben im Deutschen Bundestag auch der örtliche CDU-Bundestagsabgeordnete Michael Grosse-Brömer und die örtliche FDP-Bundestagsabgeordnete Nicole Bracht-Bendt gestimmt.

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