Groß war der Andrang der Interessierten zum Zukunftsdialog „Wie schaffen wir die Energiewende?“, zu dem Kirsten Lühmann, Mitglied der Arbeitsgruppe Untersuchungsausschuss Gorleben der SPD-Bundestagsfraktion, und Dr. Matthias Miersch, Umweltpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, ins Hotel Restaurant Vessens Hoff nach Trelde eingeladen hatten.

Matthias Miersch spannte in seinem Vortrag einen weiten Bogen vom Ausstieg des Ausstiegs aus der Atomenergie zur Erneuerbaren Energie. Nachdem die rot-grüne Koalition den Ausstieg aus der Atomenergie besiegelt hatte, habe die schwarz-gelbe Koalition – auch unter tätiger Mithilfe des Niedersächsischen Ministerpräsiden MacAllister – das Rad der Geschichte zurück gedreht und die Laufzeit der Atomkraftwerke wieder verlängert; unter dem Vorwand neuer Erkenntnisse aus dem Atomcrash in Fukushima habe sie dann angesichts des Meinungsbildes in der Bevölkerung die „Energiewende“ herbeigeführt. Seitdem blockierten sich sechs Ministerien gegenseitig und ohne Konzept bei der Suche nach einer sicheren, bezahlbaren und nachhaltigen Energieversorgung.

Miersch nannte einige Ansatzpunkte, wie eine wirkungsvolle Energiewende gelingen könnte. Einer dieser Punkte heißt „Energieeffizienz“ und betrifft zahlreiche Produkte des täglichen Gebrauchs vom Kühlschrank bis zum Auto. Miersch forderte u.a. ein Auslaufen von Produkten, die gewisse Höchstgrenzen beim Energieverbrauch überschreiten; auch das Energiesparen, das jeden Bürger betreffe, sei ein Ansatzpunkt. Würden Energieeffizienzsteigerung und Energiesparen ernst genommen, könnten wir auf sechs Atomkraftwerke verzichten.

Kritisch setzte sich Miersch mit der gerade erfolgten Strompreiserhöhung auseinander. Die mit der Umlage für Erneuerbare Energien begründete Erhöhung sei ein gutes Beispiel für die Desinformationspolitik von Schwarz-Gelb. Lediglich 0,2 Cent pro Kilowattstunde betrügen die Förderkosten der Steigerung von 3,5 auf 5,2 Cent pro Kilowattstunde, der Großteil entfalle auf das „Industrieprivileg“ – also die Subventionierung des Strompreises für stromintensive Unternehmen – und die Rücklagenbildung.

Energie sei schon immer gefördert worden. Im Unterschied zur bisherigen Förderung konventioneller Energieerzeugung aus fossilen Brennstoffen über den Bundeshaushalt würden die Erneuerbaren Energien jetzt gleich direkt über den Verbraucher – also den Strompreis – subventioniert. „Die fossilen Energieträger waren in den letzten Jahren die Treiber für den Strompreis“, so Miersch.

Eine große Aufgabe sei der Netzausbau, sagte Miersch. Unter Schwarz-Gelb komme er aber nicht voran. Der Bundesregierung warf er vor, kein Konzept für die zukünftige Energieversorgung des Landes zu haben. Über die Länge des erforderlichen Überlandnetzes bestünden unterschiedliche Zahlen, fraglich sei beispielsweise auch, ob der ganze über off shore parks erzeugte Windstrom nach Süddeutschland transportiert werden müsse oder ob dezentrale Lösungen nicht vorzuziehen seien – auch wegen der Sensibilität in Bezug auf Störanfälligkeit; private Investoren forderten zurzeit für ihre Investitionen in den Netzausbau Renditen von neun Prozent und mehr und würden damit die Netze maßgeblich verteuern und den Ausbau wegen des Streits um die Finanzierbarkeit verzögern.

Lösungen für eine nachhaltige Energiewende sah Miersch darin, den Netzausbau in staatlicher Regie voranzutreiben; auch müsse der Verteilungskampf zwischen Industrie und Privaten überwunden, Effizienzpotenziale müssten gehoben und die Einspeisung Erneuerbarer Energien optimiert werden, innovative und energiesparende Produktionsverfahren seien zu implementieren. Den europäischen Wettbewerb und die Strompreis-Subventionen gelte es zu kontrollieren, ohne dass eine neue Bürokratie entstehe; die Strompreisbildung an der Börse sei reformbedürftig, und statt einer Umlagefinanzierung plädierte Miersch für eine Steuerfinanzierung der Förderung Erneuerbarer Energien. Schließlich müsste auch das Thema „Speicherung“ gelöst werden. „Fracking“ sei kein tauglicher Lösungsansatz, da diese Methode der Ölgewinnung Umweltschäden verursache und eben wieder nur die Ausbeutung begrenzt vorhandener fossiler Energieträge bedeute.

Nach einer lebhaften Diskussion zog Miersch das Fazit: Die Energiewende koste zwar Geld, spare aber langfristig Unsummen; und schließlich sei die Energiewende auch eine ungeheure Chance, neue und dauerhafte Arbeitsplätze zu schaffen.