Auf Einladung des SPD-Landtagskandidaten für den Wahlkreis 51, Tobias Handtke, besuchte Wolfgang Jüttner, langjähriger Abgeordneter des niedersächsischen Landtags sowie ehemaliger Umweltminister und Fraktionsvorsitzender der SPD, am letzten Dienstag das Helbach-Haus in Meckelfeld. Thema seines Dialogs mit interessierten Bürgern war die gerechte Entlohnung aller arbeitenden Menschen in Deutschland.

Tobias Handtke, Kreistagsabgeordneter und Gemeinderatsmitglied der SPD in Neu Wulmstorf, eröffnete den Abend mit ernüchternden Zahlen: Über 30 Prozent der arbeitenden Bevölkerung werden dem sogenannten Niedriglohnsektor zugerechnet. Doch was die meisten gar nicht wissen: 70 Prozent dieser Erwerbstätigen haben einen Berufsabschluss, 7 Prozent verfügen sogar über einen Hochschulabschluss.

Fast mit Wehmut erinnerte Wolfgang Jüttner an seine politischen Anfangszeiten in den siebziger Jahren. Geprägt vom stetigen Aufstieg, erhielten alle, die arbeiten wollten, eine Beschäftigung von der sie leben konnten. Mit der Wiedervereinigung 1990 änderte sich dies jedoch. Es kam zu immer mehr Niedriglohn-Jobs und Leiharbeit. Dies führte zu sozialen Ungerechtigkeiten. „Es kann nicht angehen, dass Menschen, die nicht arbeiten, mehr Geld zur Verfügung haben als die, die einer geregelten Arbeit nachgehen“, so Jüttner. Allein das Land Niedersachsen zahlt jährlich 1,1 Milliarden Euro sogenannte Aufstockung für diejenigen, deren Lohn unter dem Existenzminimum liegt. Eine Entwicklung, die gesellschaftsschädigend ist und über kurz oder lang zu sozialem Brennstoff führen wird.

Als Lösung fordert Jüttner einen staatlich bemessenen, branchenabhängigen Mindeststandard ähnlich wie bei der Regelung der Urlaubstage. Alle Menschen haben ein Anrecht auf diesen Mindestlohn, die darüber hinausgehende Entlohnung wird im Rahmen der Tarifverhandlungen ausgehandelt. Doch es geht nicht nur um das Geld. Während sich lange Jahre auch die Forderungen der Gewerkschaften einzig an den Themen Arbeitszeit und Entlohnung orientierten, muss wieder mehr Wert auf die Qualität der Arbeit gelegt werden. Ein wichtiges Thema, wie auch die anwesenden Seevetaler deutlich machten. Sie bemängelten, dass sich der Status eines Berufsbildes einzig an der Entlohnung festmachen ließe. Gerade soziale Berufe werden dadurch unterbewertet.

Ein weiteres, angeregt diskutiertes Thema war das der Leiharbeit. Wolfgang Jüttner gestand dabei auch Fehler seiner Partei, der SPD, ein. Die Lösung dieses Problems sieht er nicht in einem Verbot, sondern in der Regulierung. Dazu zitierte er die im Parteiprogramm der SPD Niedersachsen festgelegten Forderungen: Gleicher Lohn für alle nach einer Einarbeitungsfrist von höchstens drei Monaten, über Verträge mit den Leiharbeitsfirmen muss die Dauerbeschäftigung der Leiharbeiter sichergestellt werden und die jeweiligen Arbeitsvertretungen werden in die Kontrolle mit einbezogen, entscheiden also auch darüber mit, wie viel Prozent der Beschäftigten eines Unternehmens Leiharbeiter sein dürfen.

An dieser Stelle machte Tobias Handtke noch einmal deutlich, wie wichtig der Vorbildcharakter der öffentlichen Haushalte ist: „Wenn Länder und Kommunen Aufträge vergeben, müssen sie sicherstellen, dass rechtliche Bestimmungen eingehalten werden und die jeweiligen Vertragsnehmer dafür haften. Dies gilt übrigens auch für die Vergabe von Fördermitteln“. Laut Wolfgang Jüttner verlangt dies auch eine genaue Prüfung der Vergabekriterien. „Die billigsten Anbieter sind nicht immer die günstigsten“, gab er seinen Zuhörern mit auf den Weg.