Rund 120 Teilnehmer wurden beim Werkstattgespräch der SPD in Behn's Gasthaus in Ashausen gezählt. Damit stieß das Werkstattgespräch Flüchtlingspolitik: „Willkommenskultur - und dann", zu dem der SPD-Ortsverband Stelle gemeinsam mit dem Unterbezirk der SPD eingeladen hatte, auf große Resonanz.

Erfreut über den Zuspruch zur Veranstaltung zeigten sich der Kreisvorsitzende Thomas Grambow, und die moderierenden Svenja Stadler (MdB), Michael Feske (OV-Vorsitzender) und Alexander Deierling (UB- und OV-Vorstand).

Von Seiten des Flüchtlingskoordinators Gerhard Koch und von Robert Isernhagen, dem allgemeinen Vertreter des Bürgermeisters Uwe Sievers wurde mitgeteilt, dass bei der Zuweisung der gerade am 8.10. neu angekommenen 23 Asylbewerber mit dem Bezug der zweiten Unterkunft in Stelle begonnen wurde, wobei die Zimmer nun mit jeweils drei Personen belegt wurden. Die Belegung mit drei statt wie bisher zwei Personen pro Zimmer hatte Landrat Rempe gerade mit den Bürgermeistern des Landkreises Harburg beschlossen, um sicher zu stellen, dass die Flüchtlinge im Winter nicht in Zelten oder in Turnhallen untergebracht werden müssen.

In Stelle sind damit bis dato 75 Flüchtlinge in beiden Unterkünften untergebracht, wobei die neue Unterkunft insgesamt nunmehr bis zu 90 Personen aufnehmen kann. Dies stellt erhöhte Anforderungen an das Betreuungspersonal der Betreiberfirma Human Care, machte eine Teilnehmerin, die selbst zum Helferkreis in Stelle gehört, deutlich. Sie wies darauf hin, dass schon jetzt für die sozialpädagogische Betreuung nicht hinreichend Personal vor Ort ist. Dies nahm der 1.Kreisrat Kai Uffelmann mit auf den Weg, er versprach die ehrenamtlichen Helfer zu unterstützen, und diese Problematik mit den Beteiligten zu klären.

Robert Isernhagen wies auf deutlich höheren Flächenbedarf für die Schaffung vom sozialen Wohnraum hin. Die höheren finanziellen Belastungen der Gemeinde, z.B. erhöhte Kreisumlage gehe zu Lasten des Baus von Straßen und Schulen. Er kündigte an, dass der Landkreis bereits mehrere neue Standorte in den Ortsteilen der Gemeinde Stelle dahingehend untersuche, ob sie für Unterkünfte geeignet seien. Diese lägen sowohl in der Peripherie als auch in zentraler Ortslage. Sobald weitere Standorte nach Prüfung des Landkreises in Frage kommen, werden diese den Bürgern vor Ort vorgestellt.

Gerhard Koch hob die vielen Unterstützungs- und Integrationsleistungen hervor, wie Internationales Café im kirchlichen Gemeindehaus, Begleitung zu Arzt, Apotheke und Behörde durch Patenschaften für Neuankömmlinge, verkehrssichere Spendenfahrräder und Fußballtraining. Erfreulich ist, dass der Helferkreis mittlerweile auf 70 Bürgerinnen und Bürger angewachsen ist. Kritisch bemerkte er die bürokratischen Hürden für anerkannte Flüchtlinge, die es verhindern Arbeit zu finden, z.B. die Anfrage bei der Zentralstelle in Dortmund, ob niemand anderes in Europa für den Arbeitsplatz in Frage kommt.

Kai Uffelmann stellte die immens schwierig zu bewältigende Aufgabe des Kreises dar, mit den Gemeinden Standorte für Unterkünfte zu finden. Zur Koordinierung und Bewältigung der Betreuungs- und Versorgungsaufgaben für die Flüchtlinge ist bei der Kreisverwaltung eigens eine neue Abteilung "Migration und Flüchtlinge" mit 40 Beschäftigten dauerhaft eingerichtet worden.

Birgit Honé, Staatssekretärin für regionale Landesentwicklung und Europa, aus der niedersächsischen Staatskanzlei in Hannover zeigte auf mit welchen Mitteln dem Flüchtlingsansturm begegnet werden soll. Insgesamt sei die Flüchtlingssituation aber weder auf Bundes- noch auf Landesebene zu bewältigen; es muss eine internationale Lösung gefunden werden. Zurzeit kommen bis zu 1000 Flüchtlinge pro Tag an, sodass phantasievolle Lösungen gefragt sind, z.B. das Messegelände in Hannover. Die meisten Flüchtlinge kommen aus Syrien (46400), Afghanistan (11500) und Irak (9000), also aus Kriegsgebieten. Die gigantische Flüchtlingsbewegung hat in Niedersachsen dafür gesorgt, dass bis Anfang September 2015 15300 Erstaufnahmeplätze eingerichtet werden mussten, gegenüber 1700 Plätzen im Jahre 2013. 7000 weitere Plätze sollen bis Ende des Jahres geschaffen werden. Zurzeit gibt es 13000 Plätze in Notunterkünften. Mit Blick auf den Winter sind schnelle Lösungen gefragt.

Birgit Honé kündigte an, dass In Niedersachsen in dieser Woche ein zweiter Nachtragshaushalt im Landtag verabschiedet wird, der auch zur finanziellen und organisatorischen Entlastung der Kommunen beitragen soll. Zur Entschärfung der Situation im Rahmen der Flüchtlingsaufnahme sind folgende Maßnahmen im zweiten Nachtragshaushalt geplant:

Um den vordringlichen Bedarf an Unterbringungsplätzen zu decken, sollen kurzfristig bis zu 25000 Plätze in Notunterkünften der niedersächsischen Erstaufnahmeeinrichtungen geschaffen werden. Hierfür sollen der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen insgesamt 148 Millionen Euro für die Betreuung und Versorgung der Flüchtlinge bereitgestellt werden. Außerdem sind Finanzmittel für die Bereitstellung von 700 zusätzlichen Stellen für die Förderung von Flüchtlingskindern in Schulen vorgesehen sowie fünf Millionen € für die Erwachsenensprachförderung. Im Sozialetat werden zusätzlich 16 Millionen € eingestellt, davon fünf Millionen € für die Flüchtlingssozialarbeit, eine Million Euro für die ehrenamtliche Flüchtlingshilfe und 10 Million € für die Betreuung unbegleiteter Minderjähriger Flüchtlinge. Auf planungsrechtlicher Ebene wurde schon Ende 2014 ein Gesetz geschaffen über Maßnahmen im Bauplanungsrecht zur Erleichterung der Unterbringung von Flüchtlingen z.B. Zulässigkeit von Anlagen für soziale Zwecke in Gewerbegebieten.

In der Abschluss-Diskussion waren überwiegend positive Stimmen in Bezug auf die Willkommenskultur aus dem Zuhörerkreis zu vernehmen. Integration müsse vom ersten Tag an erfolgen, nicht erst nach mehreren Monaten, damit wir vermeidbare Probleme nicht produzieren.

Ein Zuhörer brachte aber auch seine Befürchtung zur Sprache, dass die Leidtragenden die Bürger, und insbesondere Familien mit Kindern, seien, wenn infolge der Flüchtlingspolitik Steuern und Gebühren erhöht werden müssen.

Ein Teilnehmer aus Buchholz wies darauf hin, dass am 21.10. ein erster runder Tisch "Sprachförderung aller Flüchtlingsinitiativen im Landkreis Harburg" stattfindet. Zudem wurde eine situationsgerechte mehrsprachige Broschüre für die Flüchtlinge von der Bundes- oder Landesebene eingefordert, damit nicht jede Gemeinde auf sich allein gestellt ist. Ebenso ist eine Kreisweite Information nötig, damit nicht jede Gemeinde grundsätzliche Informationen selbst verfassen muss.

In einer Spendenbox wurden 105 Euro für die Flüchtlinge vor Ort gesammelt.

Besonderen Dank an alle Flüchtlingshelfer vor Ort sprachen Birgit Honé, Kai Uffelmann, Robert Isernhagen und Gerhard Koch sowie die SPD-Vertreter gleichermaßen aus.

Manfred Leschinski (SPD)