Der Stadtrat befasste sich in seiner Sitzung am 16.02.2017 mit dem Haushalt für das Jahr 2017. Dazu im Folgenden die Rede des Fraktionsvorsitzenden der SPD, Benjamin Qualmann, im Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Wiese, sehr geehrter Herr Ratsvorsitzender Waldau, sehr geehrte Damen und Herren,

Haushaltsberatungen sind immer die Zeit, wichtige Weichen zu stellen. Wie auch in den vergangenen Jahren hat die SPD-Fraktion deshalb zum Haushalt 2017 klare Schwerpunkte mit Blick auf die Entwicklung unserer Stadt gesetzt. Wir zählen nicht nur Themen auf, die man mal angehen müsste, sondern stellen sie durch Anträge konkret zur Diskussion.

Bildung fördern, Eltern entlasten – stufenweise Abschaffung der Elternbeiträge für das 1. und 2. Kindergartenjahr lautet unser erster Schwerpunkt.

Wir wollen, dass die Elternbeiträge in Winsen stufenweise abgeschafft werden, um allen Kindern den dreijährigen Besuch in der Kita zu ermöglichen. Denn dort wird bereits die Grundlage für gute Bildung unserer Kinder gelegt. Die Erfahrung hat gezeigt, dass ein einjähriger Kindergartenbesuch vor der Einschulung in vielen Fällen nicht ausreicht, um bspw. sprachliche Defizite zu kompensieren. Um anschließend in der Schule, und damit auch auf dem weiteren beruflichen und gesellschaftlichen Lebensweg erfolgreich sein können, ist das jedoch die Grundlage. Die beitragsfreie und damit frühe pädagogische Förderung im Kindergarten ist somit eine wichtige bildungspolitische Maßnahme. Sie schafft darüber hinaus auch die notwendigen Voraussetzungen für gesellschaftliche Teilhabe und Integration und stellt wichtige Weichen für die funktionierende Gesellschaft von morgen.

Wir sehen ein, dass dieses Vorhaben eine längere Vorbereitungszeit benötigt, um unter anderem die vorhandenen Verträge und Satzungen zu verändern. Es gibt zwar auch von der SPD-Landesregierung das klare Bekenntnis, die Kitas beitragsfrei zu stellen. Aber nichtsdestotrotz: Die Notwendigkeit, allen Kindern möglichst früh und unabhängig vom Geldbeutel der Eltern den Kitabesuch zu ermöglichen, erfordert aus unserer Sicht, das wir bereit heute die Weichen dafür stellen und mutig voranschreiten – deshalb ändern wir unseren Antrag dahin gehend, dass mit Beginn des Kindergartenjahres 2018/2019 das zweite Jahr beitragsfrei gestellt wird. Und mit Beginn des Kitajahres 2019/2020 das Erste.

Und wir können mutig vorangehen. Das Argument, das Land würde nur Beiträge erstatten, wenn es auch Beiträge gibt, ist lt. Aussage des Landes ein, und ich zitiere „konstruiertes und widersinniges Argument.“ Denn die rot-grüne Landesregierung hat – wie übrigens auch andere Landesregierungen vor ihr (!) – immer auf Ermutigung gesetzt und übernahm dann später auch die Kosten für ALLE Kommunen.

Ein Beispiel dafür ist die dritte Kraft in Krippen:

Hier waren Städte wie Hannover schon vor Jahren aktiv. Als das Land dann einen Stufenplan für die dritte Kraft in Krippen einführte, sparten die mutig vorangegangenen Kommunen natürlich das Geld. Lassen Sie uns also heute mutig sein und die Weichen stellen!

Unser zweiter Schwerpunkt heißt, ein Winsener Congress Centrum initiieren und den Planungsprozess anstoßen. Bevor sich die Diskussion nachher wieder auf den Namen konzentriert noch mal in aller Deutlichkeit: DAS IST EIN ARBEITSTITEL, PLATZHALTER oder what ever – darauf sollte nicht der Fokus liegen. Das wird dem Thema nicht gerecht!

Denn: Die Stadthalle ist seit vielen Jahren ein Streitthema in Winsen, auch hier im Stadtrat. Sie ist in die Jahre gekommen und sowohl von der technischen Ausstattung als auch vom Ambiente her nicht mehr zeitgemäß. Ebenso häufig wird auch der Standort kritisiert. Der Rat gibt jedes Jahr hohe Beträge frei, um die am dringendsten notwendigen Erneuerungsmaßnahmen zu gewährleisten. Im vorherigen Verlauf der Haushaltsberatungen haben wir das auch für den Haushalt 2017 wieder erlebt. Diese Maßnahmen sind aber jedes Mal nur ein Tropfen auf den heißen Stein und verändern nichts an der Gesamtsituation.

Deshalb wollen wir den Prozess starten, um Alternativen zu finden. Möglichst zentral gelegen, damit auch die Innenstadt und die Gastronomie davon profitieren.

In den vorherigen Beratungen wurde immer das Stadtentwicklungskonzept „Winsen 2030“ angesprochen – hier müsse dieses Thema mit rein und deshalb würde man unseren Antrag ablehnen. Ich darf an dieser Stelle aus dem Konzept zitieren: Zum Thema Kultur heißt es auf Seite 45: „Die Lage der Stadthalle trägt nicht zur abendlichen Belebung der Innenstadt bei. Zudem ist das Gebäude teilweise sanierungsbedürftig.“ In den darauffolgenden Handlungsempfehlungen heißt es dann: „Prüfung des Standortes Stadthalle und ggf. Sanierung oder Neukonzeption“. Meine Damen und Herren: Nichts anderen wollen wir mit unserem Antrag erreichen und auf den Weg bringen!

Unser Antrag beinhaltet:

  1. Der städtische Wirtschaftsförderer eruiert potenzielle Investoren und führt Sondierungsgespräche,
  2. Es werden notwendige Rahmenbedingungen geschaffen, bspw. die Prüfung möglicher Standorte durch die Stadt,
  3. wir beschließen einen Maßnahmenkatalog, um die Stadthalle vorläufig nutzbar zu erhalten - denn ein neues Veranstaltungszentrum wird nicht von heute auf morgen entstehen.

Das Stadtentwicklungskonzept wurde hier mit überragender Mehrheit beschlossen – nun lassen sie uns das Konzept auch mit Leben füllen. Im Übrigen hat der Fraktionsvorsitzende der CDU bereits in dieselbe Richtung argumentiert und bei einer Podiumsdiskussion beim Verein für Wirtschaft und Stadtentwicklung im November 2016 gesagt: „Die Zukunft der Winsener Stadthalle muss kurzfristig das Thema in der Politik werden. Wir müssen uns überlegen, ob wir viel Geld für die Sanierung in die Hand nehmen oder einen neuen Standort in der City suchen“

Also: lassen Sie uns heute auch hier die Weichen stellen.

Der dritte Schwerpunkt ist das Thema Wohnungsbau.

Seit über 4 Jahren haben wir nicht nachgelassen und immer wieder Anträge zum bezahlbaren Wohnen eingereicht. Jetzt ist die Notwendigkeit von bezahlbarem Wohnraum endlich einer großen Mehrheit im Rat bewusst und wir kommen als Stadt Winsen heute einen bedeutenden Schritt voran: Denn in den bisherigen Beratungen wurden die notwendigen Gelder zur Beteiligung an der Wohnungsbaugesellschaft zur Bereitstellung empfohlen.

Sehr geehrte Damen und Herren, lassen Sie uns heute als Kreisstadt Winsen mutig und mit breiter Brust voranschreiten, indem wir die Gelder nun final im Haushalt bereitstellen. Lassen Sie uns eine Vorbildfunktion für andere Städte und Kommunen im Landkreis sein, die vielleicht noch zögern und heute Abend nach Winsen schauen. Die Wohnungsnot ist seit Langem im gesamten Kreis angekommen – mit der Wohnungsbaugesellschaft haben wir dann einen zentralen Baustein, um endlich bezahlbaren Wohnraum für alle Menschen zu ermöglichen.

Sehr geehrte Damen und Herren, ob wir dem Haushalt heute zustimmen, muss ich zu diesem Zeitpunkt noch offenlassen, da wichtige Themen erst im weiteren Verlauf beraten werden. Deshalb beantragen wir bereits jetzt eine Sitzungsunterbrechung von 15 Minuten vor dem Tagesordnungspunkt 21.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.