Die Herausforderungen „Zukunft Wohnen“ in der Kreisstadt Winsen diskutierten Bürgermeisterkandidatin Susanne Menge, Stefan Könner, Geschäftsführer der GSG OLDENBURG Bau- und Wohngesellschaft mbH sowie Svenja Stadler, SPD-Bundestagsabgeordnete und viele Gäste im vollen Saal des Marstalls. Fazit: Winsen müsse seine Chancen vor den Toren Hamburgs jetzt nutzen.

Susanne Menge berichtete zu Beginn, sie sei im Vorfeld von vielen Seiten gefragt worden, warum denn nicht der Geschäftsführer der Kreiswohnungsbaugesellschaft mit dabei sei oder ob sie denn nicht wisse, dass es hier auch eine solche Gesellschaft gäbe. „Natürlich weiß ich das“, so Menge, „aber ich habe zu respektieren, dass der Geschäftsführer, Herr Thurmann, im Wahlkampf nicht auf meiner Veranstaltung auftreten möchte.“

Stefan Könner zeigte die Parallelen von Winsen und Oldenburg auf: Beide Städte lägen im direkten Umfeld einer großen Metropolstadt und hätten in der Vergangenheit stark vom Zuzug profitiert. Diese Situation werde sich in naher Zukunft jedoch zu einem Konkurrenzkampf der Fachkräfte und der jungen Menschen verschieben. Bezahlbarer Wohnraum sei nicht nur eine soziale Frage, sondern vor allem auch eine des Gemeinwohls: „Eine Gemeinde muss heute mehr denn je homogen wachsen, auf der einen Seite um Fachkräfte wie bspw. aus der Pflege oder dem Handwerk anzuziehen. Auf der anderen Seite, um die jungen Menschen zu halten. Denn wenn sie einmal weggezogen sind, kommen sie selten zurück.“, so Könner.

Die Nutzung von gefördertem Wohnraum sei heute bereits ganz normal - auch für Menschen mit normalem Einkommen, da der Wohnraumdruck durch steigende Mieten bereits in der Mitte der Gesellschaft angekommen sei. „Die Zeit rennt uns weg.“, machte Könner deutlich. Der Run auf Grundstücke und Wohnungen als Kapitalanlage führe zu immer höheren Baukosten und Mieten. Deshalb müssten die Kommunen eingreifen. Könner: „Es darf nicht sein, dass sich Normalverdiener in der den Städten keine Wohnung mehr leisten können.“

Der Markt regele es eben nicht, so der Geschäftsführer. „Nein, ganz im Gegenteil. Er schließt sogar Menschen aus. Freier Wohnungsbau fördert in erster Linie nur mehr Rendite. Wohnen ist aber Daseinsvorsorge und keine Ware. Deshalb ist der kommunale Wohnungsbaus so notwendig.“

Um die Situation zu verbessern setzt Könner voraus, dass die Kommune ein eigenes Interesse daran habe, ihren Bürgern bezahlbare Wohnungen zu ermöglichen. „In den Kommunen scheitert es meistens am Willen.“, so Könner. Dabei hätten die Kommunen den Standortvorteil mit Blick auf Grundstückspreise und Vorkaufsrechte und könnten diesen hervorragend nutzen. Man müsse dann eben auch die gesamte Infrastruktur abdecken, doch es gäbe schließlich Schlimmeres, als neue Kindergärten zu bauen.

Svenja Stadler problematisierte abschließend das Thema Pflege und Wohnen. Gerade für ältere Menschen stellten sich hohe Hürden, da die Schutzmechanismen gegen Spekulanten nicht wirken würden. Wenn also sog. „Heuschrecken“ in Altenresidenzen einzelne Zimmer oder Wohnungen aufkauften, führe auch das zu Wohnraumnot. Aber auch neue Wohnungen, die oftmals in Gebäuden entstehen, die nicht einmal in die Umgebung passen, seien als Investment nur auf Rendite ausgelegt. Der Bund habe mit Blick auf die Wohnraumförderung diverse Programme beschlossen, um bezahlbaren Wohnraum in den Kommunen zu unterstützen. „Diese Programme müssen dann aber auch abgerufen werden. Der Wille vor Ort muss da sein.“, so Stadler.

Für Susanne Menge ist es wichtiges Anliegen, dass die Stadt Winsen den Willen zeige, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. „Der kommunale Wohnungsbau muss beschleunigt werden, wenn wir als Stadt vor den Toren von Hamburg im Wettbewerb um junge Menschen und Fachkräfte nicht das Nachsehen haben wollen. Die bis 2022 von der Kreiswohnungsbaugesellschaft für Winsen vorgesehenen 150 Wohnungen sind zwar ein Anfang, aber bei Weitem nicht ausreichend. Darauf möchte ich mich nicht ausruhen.“

Auch müssten die neuen Quartiere ganzheitlich gedacht werden. „Wenn es lediglich das Ziel ist, möglichst viele Fördermittel abzugreifen und dann hinterher die Konzepte nicht passen, läuft Stadt- und Quartiersplanung falsch.“, so Menge.

Im Ergebnis waren sich Könner, Stadler und Menge einig, dass neben dem notwendigen politischen Wollen in jedem neuen Baugebiet eine bestimmte Menge an Flächen für bezahlbaren Wohnraum vorgehalten werden müsse. Stefan Könner empfahl 20-25 %, wie es bereits in vielen Kommunen umgesetzt werde. Zudem solle es ein Wohnraumversorgungskonzept speziell für Winsen geben, an dem sich Stadtplanung orientieren müsse.

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