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15. Mai 2019: Bernd Lange: „Falsche Anreize der Politik“

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Was will die SPD hinsichtlich der Ökologie in Europa bewegen? Wo will sie ansetzen, was verhindern? EU-Parlamentarier Bernd Lange beantwortet Fragen.

Celle. Die Europawahl rückt näher. Am 26. Mai bewerben sich in Deutschland insgesamt 1380 Kandidaten um die 96 Parlamentssitze. Welche Meinungen vertreten die regionalen Bewerber zu den Themen Insektenschwund, Erhalt der Artenvielfalt, Einfluss der Agrarpolitik, Glyphosat, Ausweitung von Naturschutzgebieten? Wie sehen sie die Rolle des europäischen Parlamentes bei der Bewahrung des ökologischen Gleichgewichts? Die CZ hat im Rahmen ihrer Aktion „Celle blüht auf“ nachgefragt bei den sechs großen Parteien CDU, SPD, FDP, Bündnis 90/Die Grünen, AfD und Die Linke.

Brüssel entscheidet auch über Niedersachsen

Der Kandidat der SPD, Bernd Lange, ist bereits seit 2009 Mitglied des Europäischen Parlamentes. Er bekleidet den Posten des Vorsitzenden des Handelsausschusses und Berichterstatters für die Beziehungen des Parlamentes zu den USA. Für die anstehende Wahl belegt der 63-jährige Oberstudienrat den Listenplatz sechs. Er lebt in Hannover und Brüssel.

Nicht das Recht des Stärkeren soll gelten

„Die wichtigsten Zukunftsfragen für Niedersachsen können wir nicht alleine anpacken“, antwortet der Politiker auf die Frage, ob im Europäischen Parlament die Weichen für unsere Zukunft gestellt würden. Ein wichtiges Motiv für die Kandidatur ist sein Wunsch, dass Regeln und Recht gelten sollen, und nicht das Recht des Stärkeren. Dem Europäischen Parlament schreibt er einen großen Einfluss auf die Bewahrung des ökologischen Gleichgewichtes zu, denn: „Es ist Mitgesetzgeber in Umweltfragen.“ Genauso groß sei aber auch der Einfluss des Ministerrates, in dem die Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten repräsentiert sind. „Das ist mitnichten eine Institution, die weit weg von uns Niedersachsen im fernen Brüssel Politik macht“, hebt Lange hervor. Man müsse nur nach Berlin ins Landwirtschaftsministerium gucken, um zu sehen, wer progressiver Landwirtschaftspolitik Knüppel zwischen die Beine werfe.

Wichtigste Projekte und Widerstände

Zwischen der aktuellen Agrarpolitik und dem Artensterben sieht Lange einen Zusammenhang. „Sie ist Teil des Problems“, sagt er. Dementsprechend kommt er im Hinblick auf die wichtigsten Maßnahmen, um die Biodiversität wiederherzustellen, unmittelbar auf die Landwirtschaft zu sprechen. „Im Rahmen der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik haben wir uns für eine Trendwende eingesetzt.“ Dieses bedeute, dass Landwirte künftig auch für Umwelt-, Klima- oder Tierschutzleistungen, die über dem gesetzlichen Maß liegen, bezahlt würden, da diese Leistungen einen Mehrwert für die gesamte Gesellschaft darstellten. „Darüber hinaus wollen wir den Ökolandbau stärken“, sagt Lange. Die größten Widerstände bei der Umsetzung einer nachhaltigen Umwelt- und Agrarpolitik erwartet er von den konservativ-liberalen Kräften.

Bisheriges System setzt falsche Anreize

Das bisherige System, nach dem die Leistungen nahezu bedingungslos ohne Bedürftigkeitsprüfung an Flächenbesitzer verteilt würden, setze die falschen Anreize. Den Weg zu einer verstärkten Honorierung von Klima-, Umwelt- und Tierschutz prognostiziert er als steinig, denn „Konservative und Liberale wollen am Status quo festhalten und verschließen vor den negativen Folgen ihrer Politik die Augen“.

Glyphosat und Naturschutzgebiete

„Die SPD setzt sich für ein Verbot von Glyphosat ein und will dessen Einsatz bis dahin weitestgehend einschränken“, sagt Lange. Nicht nur der Verlust von Insekten, sondern auch die Belastung des Grundwassers seien symptomatisch für die Folgen eines intensiven Pestizideinsatzes. Als Breitbandherbizid töte Glyphosat jede Pflanze, die nicht gentechnisch so verändert wurde, dass sie den Herbizideinsatz überlebe. Insbesondere die Folgen von Pestizid-Mischungen und die Langzeitfolgen der Pestizidanwendung würden bisher nur ungenügend erforscht.

Größtes Netzwerk geschützer Gebiete in der ganzen Welt

Ob zukünftig die Naturschutzgebiete ausgeweitet werden sollten, beantwortet der Kandidat mit dem Verweis auf die Erfolge, die auf europäischer Ebene bereits für den Schutz natürlicher Ressourcen sowie den Erhalt bedrohter Arten und Lebensräume erzielt worden seien: „Die Flora-Fauna-Habitat- sowie die Vogelschutzrichtlinie der EU verpflichten zum Beispiel die Mitgliedsstaaten zum Schutz bedrohter Tier- und Pflanzenarten sowie ihrer Lebensräume in sogenannten Natura-2000-Gebieten. Wir haben damit das größte Netzwerk an geschützten Gebieten der Welt geschaffen, das Kernstück der europäischen Natur- und Biodiversitätspolitik.“

Zukunftsvision: Wirtschaft und Natur zusammen denken

Bernd Langes Kernsatz in Bezug auf seine Zukunftsvision von Europa im Bereich Natur und Umwelt lautet: „Es geht für mich darum, dass Wirtschaft und Natur zusammen gedacht werden müssen und nicht als voneinander getrennte Bereiche gesehen werden.“ Das beträfe vor allem die konventionelle Landwirtschaft, die nicht so viel für die Artenvielfalt tue, wie sie eigentlich könnte, unter anderem weil „sicherlich von der Politik viele falsche Anreize gesetzt werden“.

Der SPD-Politiker Bernd Lange ist der dritte von sechs Kandidaten für einen Sitz im EU-Parlament, den wir Fragen zur Ökologie gestellt haben. Der erfahrene Politiker aus Burgdorf ist schon lange für die EU tätig.

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