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12. Mai 2019: Kevin Kühnert plädiert in Winsen für ein soziales Europa

Über die Bedeutung von Europa für Deutschland und für die Städte und Gemeinden diskutierte der Juso-Bundesvorsitzende Kevin Kühnert im Winsener Marstall.

„In den vergangenen Tagen haben wir einen Empörungs- und Erregungsprozess aufgrund eines Interviews von Kevin Kühnert erlebt, der in persönlichen Angriffen unterster Schublade mündete. Dabei haben viele Kritiker lediglich aufgrund einer Schlagzeile agiert und das Interview nicht mal gelesen. Leider sind dadurch die eigentlichen Themen wie hohe Mieten, obszöne Gehälter oder der Klimawandel völlig in den Hintergrund geraten“, so SPD-Ortsvereinsvorsitzender Benjamin Qualmann zu Beginn der Veranstaltung. „Deshalb freuen wir uns, dass Kevin heute bei uns ist und wir diese Themen, die unsere Gesellschaft zu spalten drohen, diskutieren können.“

Kühnert stellte dann die Frage, was uns das Gemeinwesen wert ist. Gehen wir den Weg, dass jeder zusieht, wie er über die Runden kommt, oder halten wir als Gesellschaft zusammen. Denn genau darum gehe es am 26.05. bei der Europawahl.

Mit Blick auf die rechten Populisten sagte Kühnert, dass es nicht ausreiche immer wieder zu betonen, man müsse sie zurückdrängen. Denn viel wichtiger sei es die Frage zu beantworten, warum sich so viele Menschen den Rechten angeschlossen haben. Ein Grund sei, dass sie sich abgehängt fühlen.

Auslöser für das „sich abgehängt fühlen“ vieler Bürger wäre zu einem großen Teil die Finanz- und Wirtschaftskrise vor 10 Jahren gewesen. Dort hätten sich die Banken verzockt, dann aber keine Verantwortung übernommen. Ganz im Gegenteil seien sie noch vom Staat unterstützt worden („too big to fail“) und die Gemeinschaft hätte für die Fehler der Investmentbranche einstehen müssen. Dadurch stünde weniger Geld für andere Bereich zur Verfügung. Wenn Menschen wenig Geld und bspw. nur eine schlechte oder marode Infrastruktur (dazu gehört auch eine mangelnde ärztliche Versorgung, schlechter ÖPNV, wegbrechende Läden oder Freizeitangebote) zur Verfügung haben, seien sie anfälliger für Rechtsradikalismus. Dazu verwies er auf die Studie „Rückkehr zu den politisch Verlassenen“, die sich mit der Fragestellung beschäftigt, warum Menschen heute rechtsradikal wählen.

In den vergangenen Jahren haben die Rechten zudem diverse Ablenkungsdebatten geführt, in denen immer die sozial Schwachen in der Gesellschaft gegen die noch Schwächeren ausgespielt wurden. Im Grunde hätten AfD und Co keine eigenen Positionen, wie sie die wirklichen Probleme der Menschen, bspw. die zu hohen Mieten oder den Klimawandel, lösen wollen.

Ein wichtiger Aspekt sei, dass die europäische Gemeinschaft entschlossen handele. Gerade beim Thema Unternehmenssteuern sei sie gefordert. Denn auch die großen Internetkonzerne wie Amazon und Google müssten ihren Beitrag an die Gemeinschaft leisten. Große Unternehmen wie Google und Amazon zahlten zu wenig bis fast gar keine Steuern, da es mitten in Europa diverse Steueroasen wie Luxemburg, Malta, Irland etc. gäbe. Aus diesem und vielen Gründen mehr sei es dringend erforderlich, dass Entscheidungen in der EU nicht mehr von allen Mitgliedsstaaten einstimmig getroffen werden müssen. „Es kann nicht sein, dass ein Mitglied alle anderen aufhalten kann“, so Kühnert. Denn: Die Mittel werden dringend gebraucht um bspw. die Jugendarbeitslosigkeit zu bekämpfen. Aber auch in Winsen nutzt Amazon die vorhandene Infrastruktur - aber was bekomme die Kommune dafür von dem Konzern zurück? Neben den Straßen müsste auch neuer bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden, damit die Angestellten zumindest die Möglichkeit hätten, auch in der Näher ihres Arbeitsortes eine Wohnung zu finden. Bezahlbarer Wohnraum sei zudem auch unabdingbar für ein gut funktionierendes Gemeinwesen. Denn wenn sich immer mehr Menschen keine Wohnung mehr leisten können, gerate die Gesellschaft in Schieflage. Um hier anzusetzen müsse aber auch der politische Wille vor Ort vorhanden sein.

Auch das Thema Klimaschutz könne nur gemeinsam gelöst werden. „Man kann noch so viele Mauern bauen oder wie die AfD den Klimawandel leugnen, das Klima wird darauf keine Rücksicht nehmen. Wenn wir das nicht in Griff bekommen, den Temperaturanstieg auf höchstens 2 Grad zu begrenzen, ist es zu spät“, macht Kühnert deutlich. Und da habe auch Deutschland seine Hausaufgaben noch lange nicht gemacht. Denn bereits bis 2020 sollte der CO2 Ausstoß um 20% reduziert werden. Geschafft hätten wir lediglich 3%. Und das werde teuer, denn ab dem kommenden Jahr müsse Deutschland deshalb Strafzahlungen leisten, sodass wieder weniger Gelder für die Gemeinschaft zur Verfügung stehen.

Grundsätzlich müssten als Erstes klimaschädliche Subventionen gestrichen werden. „Es kann nicht sein, dass wir Geschäftsfelder künstlich am Leben halten, die nachweislich extrem klimaschädlich sind“, so Kühnert. Ein Beispiel dafür sei bspw. das Kerosin. Stattdessen müsse ein anderer Weg eingeschlagen werden, ein positiver Weg, der Anreize schaffe für den Umstieg auf erneuerbare Energien und das Vermeiden von CO2. Dabei dürfe es keine Frage des Geldbeutels sein, sodass es ein System brauche, von dem alle am Ende profitieren.

Kevin Kühnert forderte zum Abschluss alle Menschen in Europa auf, am 26. Mai wählen zu gehen. „Denken Sie an Großbritannien beim Brexit oder an die USA mit Trump. Dort haben viele gedacht, es wird schon alles gut gehen und sind nicht zur Wahl gegangen. Alle sind sie dann am nächsten Tag mit dem Kater ihres Lebens aufgewacht. Das sollte uns mit den Nationalisten in Europa nicht passieren. Wir stehen vor einer Richtungsentscheidung – nämlich der Frage, wie wir als Gesellschaft in Europa zusammenleben wollen.“

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