Im Landkreis Harburg wird die schwierige Haushaltslage des Kreises diskutiert. Die Schuld daran schiebt der CDU-Landrat Axel Gedaschko überwiegend auf die Arbeitsmarktreformen Hartz IV, ohne aber genau zwischen der Verantwortung des Bundes und des Landes Niedersachsen zu unterscheiden.

Dazu erklärt die SPD-Bundestagsabgeordnete Monika Griefahn:

Der Landkreis Harburg rechnet für 2006 mit einem Haushaltdefizit in Höhe von 12,2 Millionen Euro. Nach der eigenen Einschätzung des Landkreises Harburg entfällt davon rund 4,6 Millionen Euro auf die Arbeitsmarktreformen, das ist etwas mehr als ein Drittel des gesamten Haushaltsdefizits. Fakt ist: Hartz IV wurde nicht nur von SPD und Grünen beschlossen, sondern auch von der CDU / CSU. Der Landkreis Harburg wird dadurch entlastet, dass der Bund für alle erwerbsfähigen früheren Sozialhilfeempfänger jetzt Arbeitslosengeld II zahlt. Der Landkreis spart die Ausgaben für circa 80 95 % der bisherigen Sozialhilfeempfänger. Bei seiner Rechnung für das Jahr 2005 hatte der Landkreis außer-dem nicht in Anrechnung gebracht, dass er Personalkosten in erheblicher Größenordnung einspart bzw. Kosten erstattet bekommt. Auf der anderen Seite muss der Landkreis Wohngeld bezahlen, was früher der Bund und das Land getragen haben. Der Bund hat seine eingesparten Wohngeldausgaben über die Gewerbesteuerumlage weitergegeben. Das Land Niedersachsen jedoch, das Einsparungen beim Wohngeld in Höhe von 155 Millionen Euro hat, hat nur 105 Millionen Euro an die Kommunen gegeben und 50 Millionen Euro für sich behalten. Ein Skandal ! Dies kostet den Landkreis Harburg jedes Jahr 1.255.000 Euro. Außerdem sollte das Land bei seinem kommunalen Finanzausgleich und bei der Verteilung des eingesparten Wohngeldes berücksichtigen, dass der Landkreis Harburg ein sehr hohes Mietniveau hat und daher die Kosten besonders hoch sind.

Auf Bundesebene setzt die CDU bei den Finanzen auf Paul Kirchhof. Kirchhof ist bekannt geworden durch radikale Steuersenkungspläne, die sogar alle CDU-Landesfinanzminister abgelehnt haben. Kirchhofs Pläne sind auch eine Bedrohung für die Finanzen aller Kommunen. Hintergrundinformationen und Positionen von Monika Griefahn

Monika Griefahn begrüßt die Anstrengungen des Kreistages und der Kreisverwaltung des Landkreises Harburg, die Finanzlage des Landkreises Harburg zu konsolidieren und auf Ausgabendisziplin zu setzen. Das vom Landkreis Harburg für 2006 erwartete Defizit in Höhe von 12,2 Millionen Euro beruht aber nur zu einem guten Drittel auf den Arbeits-marktreformen (Hartz IV). Der Landkreis Harburg schätzt die Mehrausgaben in 2006 durch Hartz IV auf rund 4,6 Millionen Euro. Für das laufende Jahr 2005 hatte der Land-kreis bei seiner Rechnung allerdings vergessen, das durch Hartz IV beim Landkreis einge-sparte Personal in Anrechnung zu bringen.

Der Landkreis Harburg wird durch Hartz IV einerseits stark entlastet, weil die Kommunen früher vor Hartz IV die Kosten für die erwerbsfähigen Sozialhilfeempfänger tragen muss-ten und jetzt nicht mehr. Nicht nur die früheren Arbeitslosenhilfeempfänger, sondern auch rund 80 95 % der früheren Sozialhilfeempfänger erhalten jetzt das vom Bund fi-nanzierte Arbeitslosengeld II.

Der Landkreis Harburg wird durch Hartz IV andererseits belastet, weil er Wohngeld zah-len muss, das vorher der Bund und das Land finanziert haben. Der Bund hat die Einspa-rungen beim Wohngeld über die Absenkung der Gewerbesteuerumlage an die Kommu-nen weitergegeben, das Land aber nicht in voller Höhe. Das Land Niedersachsen wird 2005 durch Hartz IV beim Wohngeld um 155 Millionen Euro entlastet, hat aber nur rund 105 Millionen Euro an die Kommunen weitergegeben. 50 Millionen Euro wurden einkassiert und den Kommunen vorenthalten - trotz gegenteiliger Zusage der Ministerin Ursula von der Leyen (CDU). Die CDU/FDP-Landesregierung greift also hemmungslos in die kommunalen Kassen und gibt Einsparungen bei Hartz IV nicht an die Kommunen weiter. Das Land Niedersachsen muss endlich die einbehaltenen 50 Millionen Euro an die Kom-munen weitergeben; dies wären für den Landkreis Harburg schon circa 1.255.000 Euro.

Während andere Landkreise in Millionenhöhe entlastet werden, wird der Landkreis Har-burg im Ergebnis durch Hartz IV belastet. Warum ist das so? - Beim Wohngeld schlagen im Landkreis Harburg besonders die hohen Mieten im Hamburger Umland durch. Der Bund kann aufgrund der im Grundgesetz vorgegebenen Finanzverfassung keine direkten Finanzbeziehungen zu den Kommunen aufbauen. Gefordert ist daher das Land Niedersachsen, über den kommunalen Finanzausgleich und andere Instrumente für einen Ausgleich bei der unterschiedlichen Belastung der Landkreise durch das Wohngeld zu sorgen. Das Land hätte die Möglichkeit, bei der Wohngelderstattung an die Kommunen den Anteil des Landkreises Harburg zu erhöhen. Das Land hat nach § 5 Satz 2 des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zum Sozialgesetzbuch II für das Jahr 2005 den Anteil des Landkreises auf 2,51 % festgelegt ein zu niedriger Satz, der die hohen Mieten im Land-kreis Harburg nicht ausreichend berücksichtigt.

Bekannt ist dies alles seit September 2004 auch dem Landrat Axel Gedaschko (CDU). Of-fensichtlich hat jedoch der CDU-Landrat bei der CDU/FDP-Landesregierung dort leider in den vergangenen zwölf Monaten nicht viel erreichen können, obwohl er schon vor einem Jahr angekündigt hat, tätig werden zu wollen. Meine Unterstützung hat er jedenfalls, wenn er nun ernsthaft von der CDU/FDP-Landesregierung einen gerechteren kommuna-len Finanzausgleich einfordern möchte.

Ein weiteres Thema ist für die Städte und Gemeinden von höchster Bedeutung: die absur-den Steuerpläne von CDU/CSU und FDP, Merkel, Merz, Kirchhof und Westerwelle. Die Kommunen haben schon jetzt sehr enge finanzielle Handlungsspielräume. Die Pläne von CDU/CSU und FDP, die Lohn- und Einkommensteuer drastisch zu senken und die Gewer-besteuer vollends abzuschaffen, würden den endgültigen Ruin der Kommunalfinanzen bedeuten. Der Zusammenbruch dieser beiden wichtigsten Einnahmequellen der Kommu-nen würde Städte und Gemeinden und über die Kreisumlage auch den Landkreis Har-burg empfindlich treffen. Nach einer Daumenregel überschlägig geschätzt würde die von CDU/CSU geforderte erneute Steuersenkung die Städte und Gemeinden im Land-kreis Harburg jedes Jahr mindestens 7,2 Millionen Euro kosten, die noch radikaleren Kirchhof-Pläne im ersten Jahr sogar 19,3 Millionen Euro ! Monika Griefahns Fazit: Die Steuersenkungsversprechen von CDU/CSU und FDP sind unseriös, weil sie nicht finan-zierbar sind und den Staat endgültig handlungsunfähig machen würden.

CDU, CSU und FDP müssten sich daher die folgenden Fragen stellen:

1. Die Kommunen klagen über Einnahmeeinbußen bei der Lohn- und Einkommens-teuer durch die große Steuerreform der SPD. Von dieser gemeinschaftlichen Steuer erhal-ten Bund und Länder jeweils 42,5 %, die Gemeinden 15 %. Die SPD-geführte Bundesregierung hat mit der größten Steuerreformen in der Geschichte der Bundesrepublik den Eingangssteuersatz von 25,9 % auf 15 % ab 1.1.2006 gesenkt; der Spitzensteuersatz sinkt von 53 % auf 42 %. Diese große Steuerreform, der die Mehrzahl der Länder im Bundesrat zugestimmt hat, bedeutet notwendigerweise Einnahmeeinbußen für alle öffentlichen Kör-perschaften, die aber anteilig gleichmäßig verteilt werden. Noch 2004 wurde von der Opposition eine intensiver Wettstreit darum ausgetragen, wer das radikalste Steuersen-kungsmodell anbieten konnte (Stichworte: Merz-Modell, Kirchhof, FDP-Vorschläge). Man könnte hier auch von Steuerchaos bei der Union sprechen. Die Steuermindereinnahmen beliefen sich beim Kirchhof-Modell im ersten Jahr seiner Wirksamkeit auf 42,9 Mrd. Euro, beim ursprünglichen CDU-Modell (Merz) auf 31,5 Mrd. Euro, bei der FDP auf 20,3 Mrd. Euro und beim ursprünglichen CSU-Modell auf 16 Mrd. Euro. Dauerhaft entstünden die höchsten Steuermindereinnahmen beim ursprünglichen CDU-Modell mit 25,3 Mrd. Euro, gefolgt von der FDP mit 14,5 Mrd. Euro, gefolgt vom ursprünglichen CSU-Modell mit 12,7 Mrd. Euro und Kirchhof mit 11,4 Mrd. Euro. Das gemeinsame CDU/CSU-Modell zur Steu-erreform, auf das man sich nach langen Querelen geeinigt hatte, sah durch eine Ein-kommensteuertarif-Senkung und einen Kindergrundfreibetrag eine Entlastung in Höhe von 22,2 Mrd. Euro vor. Durch verschiedene Neuregelungen sollten an anderer Stelle Mehreinnahmen erzielt werden. Es verbliebe dennoch laut CDU-Angabe eine Nettoent-lastung in Höhe von 10,65 Mrd. Euro. Nach überschlägigen Berechnungen des Bundesfi-nanzministeriums entständen jedoch per saldo Einnahmeausfälle von rund 16 Milliarden Euro für Bund, Länder und Kommunen. Auf die Kommunen entfielen davon 15 %, also rund 2,4 Mrd. Euro, auf Bund und Länder jeweils 42,5 %, also jeweils rund 6,8 Mrd. Euro. Wie sollen Bund, Länder und vor allem die Kommunen finanziell verkraften? Und wie passt das zu den Maastricht-Kriterien und dem Stabilitätspakt?

2. Die SPD-geführte Bundesregierung hat die Gewerbesteuer reformiert, die Bemes-sungsgrundlage verbreitert und die Gewerbesteuerumlage gesenkt, um so die Einnahmen der Kommunen zu verbessern. Dadurch steigt das Gewerbesteueraufkommen der meisten Gemeinden. Die CDU-Bundestagsfraktion will dagegen die Gewerbesteuer komplett ab-schaffen. Im Jahre 2003 hat der Bund (nach altem Recht, vor Absenkung der Umlage) rund 2,3 Milliarden (Mrd.) Euro aus der Gewerbesteuerumlage eingenommen. Alle Län-der zusammen haben rund 2,7 Mrd. Euro aus der Gewerbesteuerumlage und rund 2,1 Mrd. Euro aus der erhöhten Gewerbesteuerumlage eingenommen. Die Gemeinden ha-ben rund 17 Mrd. Euro netto aus der Gewerbesteuer (= rund 24,1 Mrd. Euro brutto ab-züglich der rund 7,1 Mrd. Euro Gewerbesteuerumlagen an Bund und Land). Will die CDU-Bundestagsfraktion die Gewerbesteuer immer noch abschaffen? Wie sollen die mindestens 17 Mrd. Euro Einnahmeausfälle bei den Gemeinden kompensiert werden?